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Luise bummelt

Luise bummelt

Um halb 8 verließ Luise das Haus. Der Himmel, dachte sie sofort, sieht aus, wie eine schöne weiche Matratze, die Wolken sind die Kissen, und das Blau dazwischen sind meine Träume. So, wirklich? Ja, warum denn nicht. Ach, dumme Luise, träumende, dumme Luise, dachte sie und lachte. Der Weg führte quer durch die kleine Stadt, die auf einem Hügel lag, von dem aus man noch kleiner, weil weiter unten in einem Tal, eine andere Stadt erkennen konnte. Von oben sahen die Häuser dort aus wie Puppenhäuser. Wie Puppenhäuser? Na, klar, dachte Luise, was denn sonst. In einigen der fernen Häuser brannte schon Licht, andere lagen noch in tiefem Schlaf. Luise stellte sich vor, wie die Leute aufstanden, wie sie sich anzogen, frühstückten und zur Arbeit gingen, oder zur Schule.

Du meine Güte, die Schule! Sie war spät dran, aber nicht zu spät. Der Weg führte jetzt an einer Ladenzeile vorüber. Ein Bäcker, aus dem es herrlich duftete, ein Blumengeschäft, aus dem es auch duftete, nur anders, ein Friseur ohne Duft – und ein Spielzeuggeschäft, das noch nicht geöffnet hatte. Logisch, dachte Luise, alle Kinder sind unterwegs zur Schule. Vor dem beleuchteten Schaufenster blieb sie stehen. Es gab Stofftiere, Fußbälle, Bausteine, Plastiksoldaten, eine Eisenbahn und Spielzeugautos aller Größen und Farben, und in der Ecke stand ein Puppenhaus mit drei hübsch eingerichteten Zimmern. In der kleinen Küche gab es sogar einen Herd, winzige Teller und Tassen standen auf einem Tischchen. Merkwürdig, dachte Luise, es scheint niemand zu Hause zu sein. Ein Puppenhaus ohne Puppen? Das war doch wirklich verdächtig. In diesem Augenblick öffnete sich in einem der Zimmer eine Tür, es war die Badezimmertür, wie man nun sehen konnte, und herausspaziert kamen zwei Kinder, nicht älter als Luise, aber, haha, sie waren ja so viel kleiner. Ja, träum' ich denn?, dachte Luise. Inzwischen hatten sich die beiden Kinder an den Küchentisch gesetzt und schienen eilig ihr Frühstück zu verdrücken. Eine Weile sah ihnen Luise staunend zu. Dann stürzten die beiden Kinder plötzlich mit ihren Miniaturranzen auf den Schultern zur Haustür hinaus, die Haustür schloss sich, das Licht verlöschte. Und Luise musste sich wirklich sputen, um nicht zu spät zur Schule zu kommen.

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